Dieses Buch war das große Frauen-Projekt der Gemeinde von 2008 bis 2009.
„One-Way Ticket nach Teheran“ wurde im Mai 2009 vom Pro Business Verlag in Berlin herausgegeben. Es war leider nie direkt im Buchhandel erhältlich, aber aufgrund unserer engagierten Direktvermarktung dennoch ein Renner. Allein im ersten Jahr wurden über 3000 Exemplare verkauft, und wir ernteten viel Lob in Internet-Rezensionen und Leser-Zuschriften (siehe unten).
Das Buch ist auch heute immer noch lesenswert (erhältlich in der Gemeinde oder über Amazon).
50 authentische Geschichten erwarten Sie in dieser einzigartigen Sammlung von eindrücklichen persönlichen Erlebnissen – geschrieben von 33 Frauen zwischen 30 und 80 Jahren, die sich vor Jahren oder gar Jahrzehnten entschieden haben, im Iran zu leben.
„War es Liebe? Abenteuerlust? Leichtsinn? Keine von uns konnte voraussehen, worauf sie sich eingelassen hat.“
„Im Iran bleiben wir zeitlebens Ausländerinnen. Wir werden so gesehen und sehen uns selbst so – und doch ist uns dieses Land ein Zuhause geworden. Wir leben mit der täglichen Herausforderung eines Identitäts-Spagats zwischen unserer eigenen Kultur und Religion und jener unserer Ehemänner. Jede von uns muss ihren eigenen Weg in der Anpassung an die fremde Kultur und der Bewahrung der eigenen Wurzeln finden – mal schmerzhaft, mal spielend leicht. Wann ist es wichtig, sich zu behaupten oder nachzugeben? Wo liegt die Grenze zwischen gesundem Identitätsbewusstsein und krampfhaftem Festhalten an eigenen Werten? Ist partnerschaftliches Leben schon im eigenen Kulturkreis eine Herausforderung, so erst recht in einem islamischen Land. Wir binationale Frauen haben durch unser Leben im Iran etwas verloren und etwas gewonnen.“
Die Autorinnen erzählen vom Ankommen und Bleiben im Iran, seinen Verlockungen und Herausforderungen. Sie berichten von ihrem Gefühl des Fremdseins und ihrem Heimisch-Werden, der Liebenswürdigkeit der Iraner, ihren Wegen der Anpassung und ihrem Alltag, von unerwarteten Freiheiten und herben Zwängen. Die Offenheit, mit der diese mutigen Frauen über ihr Leben "zwischen Abgrund und Erfüllung" sprechen, ist keine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem alle Privathäuser von hohen Mauern umgeben sind, weil Privates für die Öffentlichkeit tabu ist und nicht nach draußen dringen soll.
Mit ihren Inneneinsichten wollen die Autorinnen zum besseren Verständnis der Kultur des Landes beitragen, in dem sie zwar keine Heimat, aber ein Zuhause gefunden haben. Fremdheit zu überwinden und Fremdes vertraut zu machen, Brücken zu schlagen, wo Abgründe sich auftun – das war und ist das Anliegen dieser Frauen. Für Verständnis und Verständigung.
Das Buch kann in Europa bestellt werden über Amazon, ISBN 978–3-86805-359-3.
In Teheran bekommen Sie es in der Christuskirche.
An die Autorinnen von "One-Way Ticket nach Teheran" zum einjährigen Buchjubiläum am Muttertag 2010.
-----Original Message-----
From: Dietmar Larcher [mailto:Dietmar.Larcher@uni-klu.ac.at]
Sent: Montag, 10. Mai 2010 00:04
Subject: Ticket is ready
... ich ärgere mich, dass ich nicht früher mit der Rezension fertig wurde, aber heute ist, zumindest hier, noch immer Muttertag. Sorry, dass die Zeit mir davon lief. Ich schicke zerknirscht meine kleines Elaborätchen in das wilde Teheran und grüße die Damen herzlich. They did an awfully good job! Chapeau!!
Dietmar Larcher
Bemerkungen zum Buch “One-Way Ticket nach Teheran. Deutsche Frauen im Iran erzählen”, herausgegeben von der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache in Iran.
Berlin: Pro BUSINESS 2009. ISBN: 978-3-86805-359-3
Dietmar Larcher
Als Forscher im weiten Feld der Kulturen gehören das Reisen und das Lesen zu meinem Beruf. Viele Bücher muss ich lesen. Manche sind interessant und verhelfen mir zu vertieften Einsichten. Selten aber erreicht mich ein Buch so, dass Gedanken und Gefühle zutiefst bewegt werden. Wieso gelingt das den Erzählungen deutscher Frauen im Iran? Ich mach mir’s leicht, zunächst zumindest: Meine Betroffenheit rührt daher, dass alle Geschichten sehr authentisch wirken; dass sie gut erzählt sind, nämlich ganz so, wie das der große Anthropologe Clifford Geertz in seinem Buch über “Die künstlichen Wilden” beschreibt: Der Leser muss durch die Lektüre die Überzeugung gewinnen, dass der Autor, hier natürlich die Autorin, wirklich dort gewesen ist. Es genügt nicht zu beteuern, man sei wirklich dort gewesen. Alles, vor allem die Details, müssen so beschrieben sein, dass diese Beteuerung überflüssig wird, weil es aus den Beschreibungen ganz klar wird: So kann nur jemand schreiben, der wirklich dort war - oder, wie im Glücksfall dieses Buches, noch dort ist. Genau das gelingt den Autorinnen. Keine Kunst, würde vielleicht ein naiver Leser einwerfen, sie SIND ja dort. Aber dort sein UND dieses Dortsein so plastisch schildern können, das sind zweierlei Paar Schuhe. Beides zusammen gelingt nicht vielen.
Doch das allein genügt nicht, um zu erklären, was mich an diesem Buch fasziniert. Ich muss weiter ausholen. Vor mehr als zehn Jahren machte ich ein Forschungsprojekt über bikulturelle Ehen und schrieb ein Buch, in dem ich die Ergebnisse dieser Studie veröffentlichte. Obwohl ich 32 Personen interviewte, die mir sehr genau und ausführlich in Tiefeninterviews erzählten, wie es zu diesen Ehen kam und welche Dynamiken sich an der Oberfläche und unter der Oberfläche ihrer bikulturellen Beziehungen abspielen, gelang es mir keineswegs, auch nur ähnlich anschaulich zu berichten, wie vielgestaltig solche Beziehungen sein können und was es für die Betroffenen bedeutet, sich auf eine Relativierung der eigenen Kultur und eine tagtägliche Begegnung mit der anderen Kultur einzulassen bzw. miteinander eine neue Kultur des Zusammenlebens zu entwickeln. Hier jedoch, in diesem Buch, gelingt es den erzählenden Frauen. Vielleicht, weil sie auf theoretischen Schnickschnack verzichten und schlicht und einfach sagen, was der Fall ist. Nein, auch das genügt nicht. Man merkt dem Buch an, und das gefällt, dass die Autorinnen an der Sprache gearbeitet haben, dass sie an der Textstruktur gearbeitet haben, statt einfach mitzuschreiben, was das Herz ihnen diktierte. Das Kunstvolle an all diesen Erzählungen liegt meines Ermessens darin, dass sie trotzdem nirgends den Eindruck des Konstruierten erwecken.
Gerne würde ich das an vielen Beispielen aufzeigen. Statt dessen greife ich einfach zwei heraus, die hier stellvertretend für alle (pars pro toto) stehen sollen, zwei Episoden, die Schlüsselerlebnisse von Kulturkonflikten und ihre Lösung erzählerisch auf den Punkt bringen: Die Episode 1 steht im Unterkapitel “Wenn sie so denkt, muss sie zurück nach Deutschland” in der Erzählung von Alice Sehat “Da war ich ganz stark”. Episode 2 beleuchtet auch einen Kulturkonflikt und zeigt, wie die altehrwürdigen Traditionen letztlich weniger wiegen als die Freude der Menschen an Lebendigkeit. Es handelt sich um die kleine Erzählung “Baffy hält sich an die Regeln” von Brigitte Gudarzi. Ich behaupte damit nicht, dass dies die besten Geschichten sind, sondern ich hätte auch fast jede andere herausgreifen können. Es ist nur so, dass mich beide an selbst erlebte Kulturkonflikte erinnern. Daher meine Vorliebe für sie. Was sie für eine kulturanthropologische Sicht der psychischen und sozialen Situation im Iran wertvoll macht, das ist ihre Kraft, an Hand eines anschaulich beschriebenen Details exemplarisch zu zeigen, was es heißt wenn kulturelle
Selbstverständlichkeiten im Alltag durch scheinbar banale Ereignisse, Handlungen, Entscheidungen in Frage gestellt werden.
Und es gibt noch ein zweites Motiv aus meiner wissenschaftlichen Biographie, das mich für dieses Buch einnimmt: Ich war selbst mehrere Male im Iran, aber immer nur kurz, doch lang genug, um zu erleben, dass die Menschen nicht so sind, wie die Medien des Westens sie darstellen. Da ich beruflich mit einigen von ihnen täglich in intensive Gespräche über das Leben, die Liebe und den Tod verwickelt war (ich unterrichtete Literatur an der Uni), merkte ich bald, dass ich zwar wunderbar mit den Menschen über diese Themen diskutieren konnte, dass mir aber letztlich für ein tieferes Verstehen das Hintergrundwissen fehlt, das nur durch geteiltes Alltagsleben entstehen kann. Vor allem merkte ich das, wenn ich vom Fenster meiner Wohnung aus Trauerzüge, mit dem Leichnam auf der Tragbahre, weinend, schreiend, betend, rufend vorbeiziehen sah. Das Geheimnis des Todes und der Umgang der Menschen mit diesem schrecklichen Geheimnis erschütterte mich tief. Aber ich hatte Angst, mich näher darauf einzulassen - auf diese Kultur des Abschiednehmens. Dieses Buch zwingt mich dazu. Die Autorinnen gehen tiefer, wissen mehr, als mir Ethnologen erzählen können. Der Brief Uta Löhles an ihre verstorbene Schwiegermutter Mehr Banu etwa. Ich beginne zu ahnen, was mich damals so beunruhigte und was ich damals nicht verstand.
Ethnopsychoanalyse ist die Wissenschaft, welche die eigene Irritation durch das Fremde zur Sprache bringt. “Der nächste Weg zu sich selbst führt rund um die Erde”, sagt der Ethnopsychoanlytiker Jürgen Heinrichs und meint damit, dass ich mich selbst erst zu verstehen beginne, wenn ich die unbewussten Haltungen, die ich mir in meiner Kultur angeeignet habe und für natürlich halte, dadurch in Frage stelle, dass ich mich dem Fremden aussetze und lerne, mich selbst von außen zu sehen. Diesen mutigen Prozess haben die Autorinnen vollzogen, und sie haben trefflich darüber geschrieben. Ein lesenswertes Buch, nicht nur für Menschen, die sich schon immer für den Iran interessiert haben, sondern für alle, die in Zeiten der alltäglichen Kulturkontakte Mut zur Begegnung und zur Auseinandersetzung mit Eigenem und Fremdem haben, auf dass sie letzten Endes erkennen, dass es dieses Eigene und Fremde nicht nur auf der Vorderbühne gibt, sondern dass auf der Hinterbühne Menschen das Miteinander aushandeln müssen und die kulturellen Mitbringsel nur Versatzstücke sind. Kurz gesagt: Ethnopsychoanalyse vom Feinsten.
Nachtrag am 15.05.2010:
... Sie alle haben Anerkennung wahrlich verdient. Und was die Verkaufszahlen betrifft: Die meisten Wissenschaftler würden sich glücklich schätzen, wenn ihre Bücher so gut verkauft würden. Nur einige wenige, die im Rampenlicht stehen, verkaufen mehr… Mit herzlichen Grüßen
Professor Dr. Dietmar Larcher, geb. 1940 in Innsbruck, ist ein österreichischer Erziehungswissenschaftler und Hochschullehrer. Von 1984 bis 2000 war er ordentlicher Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Klagenfurt.
In Büchern, Projekten und zahllosen Aufsätzen beschäftigt er sich mit den psychosozialen Aspekten der Mehrsprachigkeit, der Fremdheit und der interkulturellen Bildungsforschung. Bei Amazon erschien das Buch „Liebe in den Zeiten der Globalisierung“. Seine Publikationsliste ist umfangreich.
Gastprofessuren:
Prof. Larcher war wissenschaftlicher Direktor am multilingualen Zentrum der Provinz Bozen, Professor an der Beheshti-Universität in Teheran für Deutsch als Fremdsprache, Gastprofessor in China für Interkulturelle Bildung und Mehrsprachigkeit an der Hangzhou Normal University in Hangzhou. Weitere Forschungsaufenthalte führten ihn nach Nicaragua, in den Vorderen Orient (Jordanien, Libanon, Syrien), nach Indonesien, Madagaskar, Guatemala, Bosnien, Kroatien und Montenegro.
Aus: Wikipedia
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...ganz schnell: Für mich war "One-Way Ticket nach Teheran" ein wichtiges Buch, weil es so sehr unterschiedliche Frauenleben in Harmonie und Dissonanz mit der Erfahrung Iran ehrlich und offen schildert. Gerade da, wo kein Versuch gemacht wird, die Erfahrung zu „literarisieren“ teilt sie sich beim Lesen sehr unmittelbar mit. ... Ich werde versuchen, wenn ich ein bissl Zeit habe (dauert noch) einen Brief an die Verfasserinnen zu schreiben und ihnen wirklich von Herzen zu gratulieren.
Renate Welsh, österreichische Kinder- und Jugendbuchautorin,
mehrfache Literaturpreisträgerin, Wien, 06.05.2010
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3100 Bücher verkauft – und das auf diese Weise! Das ist eine ganz großartige Menge!!!!!! (Erstauflagen z. B. von historischen oder Krimibüchern in Verlagen wie "Aufbau" und "Piper"sind 3000 allerhöchstens!!!!! Vor allem, wenn es sich nicht um eingeführte Autorinnen wie Tanja Kinkel handelt. Nur so als Beispiel) Also seid stolz alle miteinander!!!!!!!!!!!!!
Alles Liebe aus Wien, Trixi
Beatrix M. Kramlovsky, österreichische Kriminalautorin, von 2005 – 2007 Vorsitzende der
Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen "Mörderische Schwestern"
Wien, 15.05.2010
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Großes Lob... Ich habe das Buch bereits mehrfach verschenkt und weiter empfohlen und bisher nur positive Rückmeldungen erhalten über die sehr authentischen Aufsätze.
Manfred Grüter, Königin-Luise-Stiftung Berlin, 15.09.2009
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Begeistert lesen einige unserer Gemeindemitglieder das Buch... wir, eine deutsche Gemeinde mitten in Sizilien…
Annelie Reski, Catania, Sizilien, 02.02.2010
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... Leider passt es überhaupt nicht in unsere politische Diskussionsveranstaltung, da es sehr auf die Situation der deutschen Frauen im Iran fokussiert ist und kaum politisch-gesellschaftliche Kritik enthält. Da es im letzten Jahr jedoch zu heftigen Repressionen des iranischen Staates gegen die grüne Bewegung kam, würde eine solche zwar interessante, aber im Vergleich eher triviale Sicht des Irans das sicher von Exiliranern und Menschenrechtlern geprägte Publikum abschrecken...
Martin Kranz-Badri, Leiter des Wahlkreisbüros von Kerstin Andreae, MdB /
"Die Grünen, Freiburg, 31.05.2010